Das „Wunder von Rheda“ ist bis heute unvergessen

Blick in die TuS-Chronik: Fußballbegeisterung kannte kaum Grenzen

„100 junge Jahre“, so lautet der Titel der 192 Seiten starken Chronik des TuS Viktoria Rietberg […]. Für die Inhalte sind die TuS Aktiven unter ihren beiden Vorsitzenden Heinz Hüningund Friedhelm Deppe […] tief in die Vereinsgeschichte eingetaucht. Dabei stießen die Hobby-Historiker auf interessante Dokumente – und ebensolche Erkenntnisse.

„Uns ist erneut bewusst geworden,wie krass die Unterschiede zwischen 1910 und heute sind,und wie sehr sich der Vereinin dieser Zeit geändert hat“, sod ie Bilanz von Heinz Hüning.Auch die Ansprüche der Mitglieder an ihren Sportverein haben sich geändert. Deppe:„Noch vor 50 Jahren war Sport nur etwas für junge Leute. Die waren spätestens mit 40 wieder weg. Inzwischen ist das was für jedes Lebensalter. UnsereMitglieder sind heute zwischen4 und mehr als 80 Jahre alt.“ Gegründet wurde der Verein im Jahre 1910 von 24 jungen Burschen vom örtlichen Gymnasium,die nur eins wollten: Fußball spielen.

Dieses Foto entstand 1960, als der 50. Geburtstag des Vereins gefeiert wurde und zeigt den großen Festzug durch die Innenstadt.

Aber das galt damals noch als unanständig, gesundheitsschädlich und wenig staatsfördernd. Der wilde Ballsport wurde von Lehrern, Eltern und Kirche angefeindet – die Jungs ließen es beim Spiel an preußischer Disziplin missen und ruinierten sich die einzigen guten Stiefel. Doch die hartnäckigen Viktorianer machten im Laufe der Jahre den Fußball in der Emsstadt gesellschaftsfähig.

Sie bekamen ihren Verein sogar nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf die Beine, als aus ihren Fußballplätzen Kartoffeläcker für das hungernde Volk geworden waren und aus den Turnhallen Notunterkünfte für Flüchtlinge.

Fußball-Knabenmannschaft von 1957: (stehend von links) Reiner Bary, Georg Brockschnieder, Lothar Brummel, Josef Göke, Rolf Strickmann, Reimund Lücke, Anton Brockschnieder, Edgar Knoke, (kniend) Antonius (Tönne) Hanhardt, Klaus Reiling und Helmut Hanhardt.

 

Die Fußballbegeisterung kannte damals kaum Grenzen. Das bewies das „Wunder von Rheda“, ein legendärer Sieg, der 1956 den Rietbergern die Bezirksklasse und eine rauschende Siegesfeier sicherte. Das Spiel erlebten 2.000 (!) Fans, die per Rad und mit Sonderbussen angereist waren.

Auch TuS-Chef Hüning ist „stolz darauf, was aus dem Erbe unserer Gründerväter geworden ist.“ Immerhin: Der damals so verpönte Fußballclub ist inzwischen wichtiger gesellschaftlicher Stützpfeiler der Stadt, leistet viel für Gesundheit, Integration und Jugend und genießt dafür den Respekt, der den Gründern damals noch versagt blieb.

(Bericht zum 100-Jährigen Jubiläum des TuS Viktoria im Rietberger Stadtanzeiger – 09.04.2010)

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